Pressestimmen

Studiopremiere: Komödie mit makabrem Einschlag - Wenn eine Frau zu sehr haßt und zu sehr liebt

Herforder Kreisblatt - 02.01.1998 VON RUTH KLINGEBIEL

Herford (HK). Ein Mann trifft eine Frau, so weit so gut. Doch was danach kommt, kann zum Kriminalstück ausarten - wenn die »Richtigen« sich getroffen haben. Und genau das ist der Jall bei Eva und Bruno, den Hauptfiguren des komödiantischen Beziehungskrimis »Es war nicht die Fünfte, es wie die Neunte« von Aldo Nicolaj, der am Silvesterabend im Studio des Herforder Stadttheaters vergnügliche Premiere feierte.

Nicolaj nimmt in seiner Komödie mit makabrem Einschlag die Beziehung zwischen Mann und Frau - kräftig überzeichnet, aber durchaus wieder erkennbar - aufs Korn. Die bemutternde Art Evas, die selbst die Ohrenpflege ihres Geliebten übernimmt, stößt nur solange auf Gegenliebe, wie sie Brunos Bequemlichkeit entgegenkommt, doch als Eva beginnt, seine Freiheit all zu sehr einzuschränken, wird die Sache problematisch. Von Problemen wird Bruno - als schüchterner, naiver junger Mann von Erik Voss sympathisch verkörpert -heimgesucht, seit er Eva zum ersten Mal gesehen hat. Bei ihrem ersten Zusammentreffen verkündet sie ihm in aller Gelassenheit, daß sie gerade sein neues Auto zu Schrott gefahren habe. Nicht genug des Unheils, baut sie einen Unfall, als sie ihn in ihrem Auto mitnimmt. Wie er im Krankenhaus - ein Bein, ein Arm und zwei Rippen sind gebrochen - erfährt, hat sie bei der Polizei ihn als Fahrer angegeben. Ganz »logisch«, denn sie hat ihren Führerschein schon längst verloren.

Die Katastrophen reißen nicht ab: Bruno landet im Gefängnis. Wie ihm Eva beiläufig erzählt, sind nämlich zwei Menschen bei dem Unfall ums Leben gekommen. Im normalen Leben hätte Bruno sicher kein Wort mehr mit Eva gewechselt. Doch wir ,3ind hier in einer Boulevardkomödie, und da ist alles möglich. So kommt es dann, daß aus Eva und Bruno ein Liebespaar wird. Wer in dieser Beziehung die Hosen anhat, dürfte klar sein. Mariona Grasell als Eva gelang es unter der Regie von Dirk Böhling, der rigorosen und gleichsam widersprüchlich angelegten Eva soviel Charme und Leben zu verleihen, daß es fast natürlich erschien, daß sich Bruno in sie verliebte. Was die Zuschauer nicht daran hinderte, mit ihm zu leiden, wenn sie all zu sehr in seine Privatsphäre eingriff. Auch wenn er weiß, daß Eva keine Hindernisse kennt, ist Erik Voss doch rührend perplex und hilflos, als Eva ihm eröffnet, sie wolle ihren. Mann töten, um mit Bruno glücklich zu werden. Die Hände schmutzig machen, will sie sich freilich nicht.

Das soll Bruno übernehmen.

Ihr Plan hat jedoch einen Haken. Sie hat nicht bedacht, daß ihr Mann Mario - lässig und abgeklärt dargestellt von Lucius Woytt - und ihr Geliebter sich in ihrem gemeinsamen Leid anfreunden könnten. Ein spannendes Finale nimmt seinen Lauf. Die Leichtigkeit des an sich recht makabren Stoffes wird durch die Jazzmusik in den Umbaupausen unterstützt. Das schlichte, den Möglichkeiten der kleinen Studiobühne angepaßte Bühnenbild von Luzia M. Gossmann stellt die Wohnungen Brunos und Evas gegenüber, die sich -dank Evas Durchsetzungsvermögen - stark ähneln. Gelungen auch die Darstellung des Unfallhergangs. Als wenn in der Erinnerung ein Film abliefe, sieht man Bruno und Eva im Wagen hin- und herschwanken, während dazu ein Tonband ihren Dialog kurz vor dem Unfall wiedergibt. Die Wahrnehmung scheint durcheinander geraten. Wie eben in diesem amüsanten Boulevardstück so einiges nicht seinen geplanten Verlauf nimmt. (Weitere Aufführungen am 3., 4., 10., 11., 16. und 18. Januar, um 20 Uhr)