Pressestimmen

Das Lied von den drei Chinesen - Landestheater begeistert mit dem Jugendstück „Creeps“

VON SARAH FREUND

Detmold. Eine Aufführung, die unvergleichlich ist. Bei der Premiere von Lutz Hübners Jugendstück „Creeps“ am Freitag war alles anders. Die Besucher der kleinen Bühne im Grabbe-Haus aus wurden bereits auf ungewöhnliche Weise empfangen: mit dem Werbeaufruf einer Casting-Firma. Auf der Bühne waren drei Monitore gleichmäßig verteilt. Und die zogen den Zuschauer gleich in der Geschichte rein. Er sah Videos von drei völlig verschiedenen Mädchen, die sich für einen Moderatorenjob beworben hatten. Auf der Bühne spielt sich dann in Realzeit das Casting ab. Per Mikrophon und aus dem Off gibt die Stimme des Casters AJ (Regisseur Dirk Böhling) den Mädchen zwischen Kuhfellsofa und Kaffeebar Anweisungen. Während das fröhlich-naive ostdeutsche Mädchen Petra Kowalski (Anna Bause) vor allem versucht, ein bisschen Spaß mitzunehmen, herrscht zwischen den beiden anderen Mitbewerbern Mären Terbuyken (Sabine Urban) und Lilly Marie Teetz (Joy Gutthardt) pure Rivalität und offene Feindseligkeit.

Lilly Marie, eine Hamburger Millionärstochter, versetzt der Ökofanatikerin Mären eine Spitze nach der anderen. Als die Entscheidung schon greifbar nah scheint, nimmt die Geschichte plötzlich eine unerwartete Wendung: Die drei Mädchen reagieren nicht mehr auf die Anweisungen des Casters, sondern reihen sich auf und singen völlig sinnlos: Drei Chinesen mit dem Kontrabass. Und endlich sind die drei jungen Frauen zu schonungsloser Ehrlichkeit sich selbst und den Konkurrentinnen gegenüber bereit. Sie sehen ihre Verschiedenheit nicht mehr als Bedrohung, sondern als Bereicherung an. Und auch das Publikum kann lernen: Denn ist es nicht selbst wie der Caster AJ, der für unsere multimediale Welt die Mädchen zum Affen macht" Lutz Hübner versteht es in „Creeps“, die Sprache der Jugend, ihre Suche nach Identifikation, die Schnelllebigkeit ihrer Trends, aber auch die Härte gegenüber Andersdenkenden einzufangen und kritisch zu betrachten. Und das setzt Böhling mit Mitteln um, die die Jugend lieben: Ein poppiges Bühnenbild, rockige Musik, Multimedia-Einsatz und viel Situationskomik sorgen dafür, dass sich der Unterhaltungsfaktor auch auf oberer Ebene bewegt. Böhling hat es mit der sehr real wirkenden Inszenierung geschafft, jedem einen Spiegel vors Gesicht zu halten.