Pressestimmen

Außerirdischer der anderen Art - Das Weltraum-Märchen vom "Kleinen Prinzen" zündet im Stadttheater Bremerhaven

VON ANNE STÜRZER

Bremerhaven. Der Eitle spreizt sich in der ersten Reihe des City-Ports in Bremerhaven. Er hat sich in Schale geworfen. Ein gewagtes Einstecktüchlein ragt aus seinem Sakko, den Kaschmir-Schal hat er locker über die Schultern drapiert. Nur seine Stirn legt sich ^unzufriedene Falten. Was er auf der Bühne sieht, ärgert ihn gewaltig. Sein Spiegelbild, gespielt von Guido Fuchs, steckt in einem Monteuranzug und tragt dazu Hut und Schal. "Das passt doch wirklich nicht zusammen", knurrt er. "Seht", macht der kleine Prinz. "Du störst die Vorstellung". Die Inszenierung des "Kleinen Prinzen" kommt gänzlich uneitel daher. Statt auf ein aufwendiges Bühnenbild und technischen Schnickschnack setzt Regisseur Dirk Böhling auf die Macht der Fantasie. Den Sternenhimmel hat Bühnenbildner Ekkehard Kröhn wie einen Adventskalender gebaut.

Aus den Fenstern und Türen treten die Figuren, die dem kleinen Prinzen auf seiner Reise durch das All begegnen: der König, der Eitle, der Säufer, der Geschäftsmann, der Laternenanzünder und der Geograph. Ein langer Umhang mit Nerzbesatz macht aus dem Erzähler einen König, eine Brille verwandelt ihn in den Geographen. Hast-du-nicht-gesehen ist Guido Fuchs bereits in eine andere Rolle geschlüpft, ohne dass die Vorstellung ein einziges Mal ins Stocken gerät. Fuchs ist ein etwas blöder König, dem die Untertanen fehlen, der aber unbedingt befehlen will, ein trauriger Säufer, ein Mann, der die Sterne besitzen möchte. Der Schauspieler hat all die abschreckenden Beispiele aus der Erzählung von Antoine de Saint-Exupéry sowie Rose, Fuchs und Schlange hervorragend gezähmt. Der Klassiker unter den Kinderbüchern verliert auch auf der Bühne nichts von seiner Poesie. Vor allem der kleine Prinz mit seiner Schlaghose, dem Rolli und den weizenblonden Strubbelhaaren scheint unmittelbar dem Bucheinband entsprungen zu sein. Kostümbildnerin Stefanie Grell hat sich von den Illustrationen Saint-Exuperys inspirieren lassen. Und so sind sie - schwupps - auf die Bühne des Bremerhavener Theaters spaziert.

Ohne erhobenen Zeigefinger

Das Thema Freundschaft hat auch in Zeiten, in denen der Schein über das Sein bestimmt, nichts von seiner Anziehungskraft verloren. Die Moral von der Geschieht' kommt ganz leichtfüßig daher. Ohne erhobenen Zeigefinger führt die Inszenierung die engstirnigen Einstellungen von solchen Erwachsenen vor, die auf Daten, Zahlen und Fakten setzen, sich, an die Äußerlichkeiten der Dinge halten und dabei das Wesentliche aus den Augen verlieren. "Man sieht nur mit den Augen des Herzens in der richtigen Weise." Der Fuchs lehrt den kleinen Prinzen das Geheimnis der Freundschaft und Liebe, das darin besteht, dass man für den anderen Verantwortung übernimmt.

Gäbe es lauter kleine Prinzen, die Welt wäre ganz sicher besser dran. Doch Andre Bolouri macht aus dem Helden mit dem Wuschelhaar keinen guten Menschen, sondern einen, der das Wesen der Welt verstehen will, der auf Antworten besteht. Er ist ganz der kindliche Träumer, der naiv-trotzig auf seiner Sicht der Dinge beharrt. Der rationalen Denkweise der Erwachsenen setzt er seine gegenüber. Bolouri ist - Kritik muss unter Freunden erlaubt sein - allerdings ein wenig zu eindimensional in seinem Spiel. Zündet dieses Weltraummärchen mit dem so ganz anderen Außerirdischen auch im dritten Jahrtausend noch" Aber sicher, vor allem da die Sternen-Mannschaft des Stadttheaters den Mut hat, sich auf die einfachen Theatermittel zu konzentrieren. Das Konzept geht auf: Die Zuschauer laufen sogar Gefahr, ein bisschen zu weinen, wenn sie sich, wie der Fuchs es sagt, haben zähmen lassen, wenn sie sich zu sehr in der Geschichte verlieren. Was ist denn das" Hat sogar der Eitle Tränen in den Augen"